5 Jahre Impacc – Wie ein Apfelbaum den Anfang machte

Von Till Wahnbaeck
August 1, 2024

Vor ein paar Wochen hat mich LinkedIn daran erinnert, dass ich nun schon seit 5 Jahren bei Impacc bin und mir ein paar Gratulations-Formeln vorgeschlagen, die ich aber alle ausgeschlagen habe. Das hat mich etwas überrascht, denn wir haben Impacc erst im Dezember 2019 als gemeinnützige GmbH ins Handelsregister eingetragen. Aber LinkedIn hatte recht: die eigentliche Geburtsstunde war in der Tat im Sommer 2019, als mein ehemaliger Kollege Jochen Moninger und ich in der Nähe von Wittenberg unter einem Apfelbaum saßen und uns überlegt haben, wie man Entwicklungshilfe unserer Meinung nach besser machen kann. Ob es wirklich besser ist, weiß ich nicht, aber zumindest bemühen wir uns seit 5 Jahren darum, es anders zu machen – mit allen Versuchen, Fehlern, Änderungen, Neuerfindungen, aber auch mit allen Bestätigungen, Erfolgen und positiven Überraschungen. Jeff Bezos hat einmal über Amazon gesagt: „We are stubborn on mission and flexible on the details.” So ähnlich war das bei uns auch, denn eines hat sich in der Zeit nie geändert: unser Glaube, dass ein Job der beste Weg aus der Armut ist, und dass wir in afrikanische Gründerinnen und Gründer investieren wollen, damit die aus eigener Kraft wachsen und Jobs schaffen können.

Unser Weg zum operational Venture Capital

Der Weg dahin hat sich ziemlich verändert, und wir haben einiges an Lehrgeld bezahlt: in den ersten ein, zwei Jahren haben wir aus unserem entwicklungspolitischen Netzwerk Projekte gefunden, die unserer Meinung Geschäftspotential hatten. Daraus haben wir dann eigene Unternehmen gemacht, teils als Ausgründungen mit anderen Partnern, teils alleine, aber eben immer ohne starke Gründer. Aber so funktioniert das nicht – eine gute Idee ohne eigenen Kopf ist eben nur das: eine gute Idee. Also haben wir unser Modell geändert und begonnen, uns an Unternehmen zu beteiligen, die – lokal gegründet mit lokalen Ideen für lokale Märkte – schon seit mindestens zwei Jahren im Geschäft sind und bereits erste Erfolge haben. Gleichzeitig haben wir gelernt, dass unsere Unternehmen mehr operative Unterstützung brauchen als zunächst gedacht. Daraus hat sich unser Ansatz des „operational Venture Capital“ ergeben: die Hälfte unserer Unterstützung kommt jetzt als direkte Beteiligung in Geld, die andere durch fachliche Expertise entweder von unserem eigenen Team in Ostafrika oder aus einem Pool von Dutzenden von Experten, den wir mit der Zeit aufgebaut haben – von Finanzplanung über Logistik und Markenaufbau bis hin zu Geschäftsmodell-Entwicklung.

A propos Geschäftsmodell: auch unser Modell hat sich weiterentwickelt. Nicht im Grundsatz: wir sind (zumindest soweit ich weiß) nach wie vor die einzige deutsche Hilfsorganisation, die das vom Finanzamt verbriefte Recht hat, Spenden in Investitionen in Startups zu verwandeln – dank tatkräftiger pro bono Unterstützung der Freshfields Anwaltskanzlei. Aber bei der Finanzierung schon: zusammen mit der Boston Consulting Group (auch das ein pro bono Projekt) haben wir Angebote für Unternehmensspenden entwickelt, die – neben den Privatspendern, viele davon lesen jetzt grade diesen Newsletter – dafür sorgen, dass wir überhaupt Geld in afrikanische Startups investieren können. Im Mai diesen Jahres ist zum Beispiel unsere Partner-Plattform fertig geworden, die Unternehmen (und zunehmend auch Unternehmer-Typen, Unternehmensstiftungen etc.) direkt aufzeigt, wie viele Jobs und weitere Wirkung mit ihrer Spende geschaffen werden konnten – mit Zahlen, Daten, Fakten und Geschichten, die dann direkt in die Unternehmenskommunikation oder z.B. in Nachhaltigkeitsberichte kopiert werden können. Damit so viele Spenden wie möglich direkt in Investitionen fließen können, decken wir unsere Personalkosten (zu denen auch die operative Unterstützung gehört) fast komplett mit sogenannter institutioneller Förderung ab, denn staatliche Gelder dürfen nicht investiert werden. Unser größter Geber bisher war das deutsche Entwicklungsministerium, wo wir auch gerade wieder einen Antrag eingereicht haben, um unser Portfolio in Äthiopien aufzubauen. Aber zu viele Eier in einem Korb ist auch nicht gut, und ich bin froh, dass wir mittlerweile auch Förderung aus anderen Ländern bekommen, jüngst zum Beispiel aus Dänemark. Dazu hilft uns, dass wir mittlerweile keine rein deutsche Organisation sind, sondern Töchter in Kenia und bald in Äthiopien haben.

Neues Jahr, neue Strukturen: Unser Team wächst

Und zu guter Letzt hat sich unser Team ordentlich weiterentwickelt. Jochen und ich sind natürlich noch dabei, ein tolles Team von Ehrenamtlichen der ersten Stunde wie Wolf Schäfer und Jannes Vahl auch, aber ansonsten hat sich viel getan. Wir waren zu viele alte weiße Männer und alle Entscheidungen hingen irgendwie an mir. Mittlerweile haben wir ein Lead Team, das gemeinsam entscheidet: mit Shiela Birungi, Head of Ventures, und Marie Bartmann, Head of Operations, in Nairobi und Anette Kuhn, Head of Communications, in Hamburg mit weiteren Ehrenamtlichen und Festangestellten in Deutschland, Kenia und bald auch Äthiopien.

Und die Ergebnisse bisher? Über 500TEUR investiert, 9 Unternehmen unterstützt, über 150 Jobs und über 500 verbesserte Einkommensmöglichkeiten geschaffen. Auch da gibt es ein interessantes Zitat, diesmal von Bill Gates (ich habe es heute mit amerikanischen Digitalunternehmern): „You overestimate what you can achieve in one year, and underestimate what you can achieve in five years“. Und auch wenn ich ehrlich gesagt immer etwas ungeduldig bin und mir vieles zu langsam geht: ich finde, die letzten 5 Jahre waren gut. Und die nächsten 5 werden noch besser.

 

Über Till Wahnbaeck

Till Wahnbaeck
Ex-CEO der Welthungerhilfe und Geschäftsführer in der Privatwirtschaft, Verfechter von Innovation. Till führte sowohl gewinnorientierte Unternehmen als auch gemeinnützige Organisationen und war stets bemüht, die Kluft zwischen sozialem und privatem Sektor zu überbrücken. Als globaler CEO der Welthungerhilfe setzte er sich für Innovation und Wirkung ein. Zuvor entwickelte er als Marketing-, Vertriebs- und Innovationsdirektor für das Konsumgüterunternehmen Procter & Gamble Innovationsmethoden und -prozesse.

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